Atme.Atem – Lust auf Luft

Eine kleine Annäherung an die Fülle des Atems.

Viele sprechen von “Atmen!”, wenn ihnen nichts mehr einfällt.

Dieser ewige Rhythmus des Ein- und Ausatmens kann gespürt und wahrgenommen werden.

Und wieso soll man seinen Atem beobachten? Was hat man davon? fragte eine Bekannte, für die Atmen selbstverständlich erschien. Wozu? was habe ich davon, wenn ich weiß, wie ich atme?

Ja, genau, wozu soll man das wissen? – weil es spannend ist, sich selbst auf die Schliche zu kommen, zu wissen, wie der Atem antwortet, auf Gefühle oder Situationen, weil es toll ist, wenn man neugierig ist, auf sich selber, wenn man weiß, wie man funktioniert. Für einige ist es Neugier, für andere uninteressant, alles ist möglich.

Für mich war es Wohlgefühl, auf dem Hocker zu sitzen und mit kleinen Bewegungen meinen Atem zu spüren oder auf der Liege zu liegen und unter Annes Händen meinen Körper zu erfahren. Zu der Zeit war ich Lehrerin und mußte viel reden, manchmal blieb mir dabei die Stimme weg. Das war Anreiz genug, der Stimme und dem Atem auf den Grund zu gehen.

Irgendwann kam ich dann allerdings zu dem Schluss, dass ich die ganzen “bodily sensations”, die ich empfunden hatte, nicht haben wollte. Ich wollte mich nicht “schief” fühlen, nicht eine Körperseite hell und die andere dunkel wahrnehmen, wollte die Spannung in mir nicht spüren.

Ich stieg dann um auf Yoga, das gefiel mir auch gut, allerdings wußte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass ich nochmal zum Erfahrbaren Atem zurückkommen würde. Die kraftvollen Bewegungen im Yoga ließen mich meine Körpergrenzen deutlich wahrnehmen und auch meine Vitalität spüren.

Im Laufe der fast 20 jährigen Yoga-Praxis hatte ich genau zwei Yoga Lehrerinnen, eine in Hannover und eine in Darmstadt. Beide waren wunderbar. Die eine sagte, die Knie durchdrücken, die andere sagte, lass die Knie weich. Das hatte mich so irritiert, das ich über dieses Erlebnis erkannte, es kann mir keiner sagen, was richtig ist, ich muss es schon selbst herausfinden. Und das tat ich dann auch, immer mehr traute ich meinen eigenen Empfindungen.

2007 kam ich endlich nach Berlin und mir war klar, ich muss nochmal zurück zum Erfahrbaren Atem.

Anfang der 90-er Jahre war ich bereits im Middendorf Institut in Beerfelden, im Odenwald und voll begeistert. So suchte ich mich durch die Adressenlisten und fand Gertrud Kutscher, welch ein Glück. Durch sie lernte ich Jürg Roffler und Christine Ritt kennen, die gemeinsam eine Ausbildung zur Atemtherapie/-pädagogik anbieten, der ich mich von 2012-2015 voller Freude hingab. Alle Wochenenden waren für mich eine Offenbarung. Der mitunter als langweilige erlebten Atem, wurde so spektakulär, das ich meinen Wahrnehmungen nicht traute. Es war göttlich, mich in Gänze zu fühlen. Es geht beim Erfahrbaren Atem nicht darum, ihn zu führen, auch nicht, ihn nach oben oder unten, links oder rechts zu schicken, sondern den Atem in jeder Körperzelle zu spüren und das tut wohl. Der Atem geht in den ganzen Körper und er kommt aus dem Ganzen, dem Universum. Er ist eine universelle Kraft, die uns durchströmt und bewegt.

Die Luft, die uns umgibt, bewegt uns. Sie strömt in uns ein und sie verläßt uns wieder. Meist unmerklich. Erst, wenn’s stockt, ringen wir nach Luft. Zwischen dem Ein- und Ausströmen durch den Körper heißt die Luft “Atem”. Und ja, sie ist schon eine geheimnisvolle Kraft. Je mehr wir sie lassen, desto leichter kann sie strömen. Wir können uns aber ihrer bewußt sein.

Wer kennt das nicht? Das Ringen nach Luft, wenn alle “Türen” verschlossen sind und der Atem mich scheinbar nicht erreicht?

Schon seit meiner frühen Jugend bekam ich oft keine Luft, im wahrsten Sinne des Wortes, rang ich nach Luft, hatte Erstickungsanfälle. Heute würde man sagen, es sei Asthma, – bin ich froh, dass ich dieser Attribuierung entkommen war. Ich fühlte mich getrennt, mit einem imaginären Gürtel in oben und unten geteilt. Das ist zwar heute auch öfter mal so, aber ich habe keine Angst mehr. Ich erlaube “es”, zu sein, dann ist es so, ich kann es besser aus-halten, halte die Empfindungen aus. Sie kommen und gehen. Ich ziehe meine Aufmerksamkeit ab. Je mehr ich auf den Mangel, Luftmangel fokussiere, desto “lauter” wird er, also: raus aus der Situation, Spazierengehen, Kochen oder was immer hilft, aktiv aus der Situation heraus zu gehen.

100 Punkte fürs Merken, Be-Merken! Freu Dich, wenn Du was empfinden kannst. Das konnte ich früher gar nicht. Ich verlor mich in Bildern, Vorstellungen, weit entfernt von Empfindungen. Die zu entdecken, erfüllt mich mit großem Glück. Für manch andere ist das so selbstverständlich, die verstehen das nicht, für mich war es die Sensation, eine spektakuläre Sensation.

Neben dem Öffnen der inneren Räume durch kleine Körperübungen, war es mir sogar möglich, den Transfer zu den vielen awareness, consciousness Themen, zum Einheitsbewußtsein, zu leisten. Ich wußte auf einmal, was die spirituellen Lehrer (z.B. Rupert Spira, Ellen Emmet, Elias, Jeff Foster, u.v.a.m.) berichten, konnte das unmittelbar nachvollziehen und anwenden, wie lebendiger Bio-/ Lebenskunde-Unterricht.

Mittlerweile habe ich den “Atem” so selbstverständlich integriert, im Moment interessiere ich mich für philosophische und existenzielle Fragen, wie was passiert, wenn der Atem verschwindet? Was, wenn der Atem doch nur die Luft ist, die mich umgibt? Wenn Atem doch gar nicht so spektakulär ist? Wo ist die Grenze zwischen dem Atem und der Luft, zwischen der Welle und dem Meer?

Doch, ich bin dankbar, für dieses wunderbare Geschenk, das mich hier durch das Leben begleitet und dem Herzen und dem Gehirn Impulse gibt, ohne die hier nichts passieren würde. Möge der Atem noch lange an meiner Seite sein. Im yoga gab es die Aussage, dass man eine Anzahl von Atemzügen zur Verfügung habe und diese mit jedem Ein- und Ausatme abatme.

Fortsetzung folgt!

2 Kommentare

  1. Da bin ich jetzt aber neugierig. Es ist wie beim Diner: Wenn ich einmal angefangen habe, kann ich nicht mehr aufhören.

    1. oh dear, – danke für deine Rückmeldung! Die Fortsetzung dauert doch noch einen Moment. Lass Dich zwischenzeitlich atmen, beim Warten. zwinkerzwinker.

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