Berlin-Protokoll: Aviation-Center

*Januar 2024: Dieser Text ist mein Part eines Parallelprotokolls von der AG Minimales Reisen, Kunsthalle Below. Wenn Du magst, kannst Du gerne auch mitschreiben, schau unter Termine. Soviel vorweg: Schreiben klärt, macht Spaß und bringt wundersame Entdeckungen.

14.47 Ich denke, … bis ich mal die Zahlen in meine Handy getippt habe, sind die 20 min gleich vorbei. Nee, nein, jetzt geht’s, mit dem Tippen. Wir stehen vor dem Aviation Center Berlin , da, wo ich ständig dran vorbei laufe und ich war da auch schon mal drin.

15.48 Ich sehe unsere Oberkörper und unsere tippenden Hände im Spiegel, der den Modellflughafen nach hinten begrenzt, ein faszinierender Anblick. Davor ein Modell von einem Flughafen, der nicht existiert, eben nur ein Modell.

14.49 Bei „Modell“ denke ich an „Lernen am Modell“, Gestaltpädagogik. Ich zeige mich als „Lernende“, als leibhaftiges „Modell“ und andere können davon lernen. Ob das hier bei dem Flughafen auch so ist? Ob es Ingenieure gibt, die sich dieses Modell anschauen und davon lernen und in ihrer Praxis anwenden?

14.50 Lufthansa Cargo Flugzeug steht auf der Start- oder Landebahn Richtung links, da ist ja Osten. Der Inhaber des Ladens nimmt kurz Notiz von uns, er lacht uns fröhlich von drinnen zu. Ich werde da anschließend mal hinein gehen. Es ist der einzige Laden für Modellbau, ganz was Besonderes, hier in Berlin. Das wußte ich schon

14.51 Hinter uns schlürft einer vorbei. Man hört die Schritte auf dem Streu, dabei ist hier jetzt kein Eis auf dem Weg.

14.52 In der Mitte des Modells ein Rondell, mit einem Flugzeug von Emirates ?? und einem anderen Flugzeug, dessen Namen ich schwer lesen kann, ich glaub, Philippinen. Der P. ist gerade auf den Philippinen. Hinter dem ganzen Flughafen Areal die Spiegelfront, da drüber ein Werbeschild von HERPA. Wieder schlurft eine Frau hinter uns vorbei.

14:55 Meine Hände sind kalt. Irgendwie mag ich diesen Flughafen nicht, überhaupt mag ich Flughäfen gar nicht mehr, seit dem Flug zurück von Wien . So viele Menschen, die da abgefertigt werden. Hier auf dem Flughafen sind keine Menschen, nur Flugzeuge, die kann man vllt kaufen . Links eine große Abfertigungshalle in Miniaturformat von Pan Am, J war immer so begeistert von Pan Am, voller Faszination erzählte er mir, „damals  bekam man auf den Interkontinentalflügen noch Champagner und Tomatensaft und gutes Essen, heute ist das alles abgeschafft, sogar Pan Am.

14.58 SAS – das ist eine schwedische Firma, oder? Ganz hinten links steht ein Tower, gegenüber rechts auch noch ein Tower, in gelb, die gehören ja obligatorisch zum Flughafen dazu. Unter dem Modell im Schaufenster lauter kleine Kästchen, auf denen Flugzeuge ausgestellt sind. Ob die auch zusammen gebaut werden müssen? Oder ob man die so fertig kaufen kann? 

15.00 Eine Maschine von LH, eine LATAM, BA und Scoot, damit war A gerade nach Sydney geflogen, nie wieder will sie mit so einem Billigflieger von Berlin nach Asien bzw. Australien 

15:01 Es riecht hier komisch nach Rauch oder Gras, ich weiß nicht, wo es herkommt. Hinter uns surren nur Autos vorbei, die riechen nicht nach Gras.

15.02 Links gibt es noch andere Flugzeuge, deren Marke ich nicht erkenne, vllt noch tui, ein Ferienflieger in hellblau. Die anderen sehen so grau-braun aus, könnten Militärmaschinen sein.

15.03 Eine Frau mit Hund geht Gassi, der Hund bahnt sich seinen Weg entlang der Häuser Wände.

15.04 Rechts steht eine Halle von Lufthansa Technik. Davor ganz viele kleine Maschinchen. Just im Moment schreibt P über messenger, M. sei auf einer Art Ausstellung in Singapur, ich fragte ihn gestern, was er in Singapur mache. Ich denke an ihn und schwupps, schon antwortet er. Wahnsinn! Wie alles funktioniert mit der Telepathie.

15.06 Meine linke Hand ist so kalt, rechts geht’s besser. Ich schaue auf die Uhr, wann es wohl vorbei ist.

15.07 Der Flughafen ist langweilig, vllt weil keine Menschen da sind. Es gibt Start- und Landebahnen und riesige Hallen, diese Miniaturen sind schon faszinierend. Ich staune, mit welcher Akribie hier alles zusammengebaut ist, was müssen das für Bastler sein, die mit viel Geduld die Sachen zusammenbauen, Respekt!

* Text von minimalesreisen.de 
Dieser Text entstand im Rahmen einer Recherche der Arbeitsgemeinschaft Minimales Reisen. Mehrere Mitschreibende haben jeweils an einem ausgewählten Ort des alltäglichen Lebens zwanzig Minuten lang das umliegende Geschehen protokolliert – und das, was ihnen dabei durch den Kopf ging. Im Anschluss an die Schreibphase werden die einzelnen Protokolle minutenweise ineinander gefügt, so dass chronologisch durchgehende, mehrstimmige Texte entstanden. Diese werden dann sortiert, verlesen, übersetzt und gedruckt. An dem offenen Format nehmen anonyme Schreiber:innen mit und ohne künstlerische Hintergründe teil. Die AG Minimales Reisen lädt jede:n zur Teilnahme ein und dankt allen Mitschreibenden und der kunsthallebelow.de. Die zusammen gefügten Editionen sind bei der kunsthallebelow.de käuflich zu erwerben.

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