Berlin-Protokoll: Kätzchen

PP _Katze_Wedding

17:39
Die Katze sitzt auf der Fensterbank und putzt sich. Zwischendrin schaut sie auf und dann putzt sie sich wieder. Sie schaut kurz auf,  richtet ihren Blick auf uns, dann wieder putzen. Und sie ist auch so putzig. Jetzt leckt sie ihre Pfote. Draußen knallt es, als würde ein Gerüst abgebaut, sie lauscht aufmerksam. Jetzt leckt sie ihre Pfote , schaut hoch. Ich höre das Tippen von S..
17:41
Ihr Schwanz ist geringelt und sie ist größer als eine gewöhnliche Hauskatze, sie zeigt uns ihren Katzenbuckel, den leckt sie jetzt auch. Sie streckt sich, als sie ihren Fensterplatz verläßt und über das Sofa auf uns zu kommt. Zu Anfang saßen wir auf dem Sofa. Ihr Kopf ist auffallend rund und freundlich. Sie schaut sich dauernd um, als suche sie etwas. Sie verfolgt die Töne von außen. Jetzt kommt sie zu mir, schnuppert an meinem Rucksack, sucht da was im Rucksack. Mein Afrikatuch. Ob sie was gefunden hat? Ich mag ihre natürliche Neugier, kreatürlich, wie Ilse Middendorp es zu sagen pflegte, bewegte sie sich im Raum.
17:44
Schon ist sie fertig. Sie sitzt jetzt unter meinen Beinen, versucht links auf das Regal zu klettern. Oh, sie ist soooo süß und so aufmerksam. Sie ist beige gemustert, eine besondere Farbe, fast blond, feines Fell, dick und üppig und besonders auffallend, der Ringelschwanz und einige Kringel an den Beinen.
17:45
Jetzt streift sie all unsere Beine und schnuppert an J. Füßen. Wohin jetzt? Wieder auf die Sofalehne, mit Blick nach draußen. Das Fenster ist oben offen, da kommt sie nicht hin, aber sie hört die Stimmen von außen ganz aufmerksam. Jetzt legt sie ihren Schwanz halbkreisförmig um ihre rechte Seite, als wickele sie ihre Pfötchen darin ein.
17:46
Sie spitzt die Ohren und lauscht aufmerksam dem anlassenden Motor des Autos draußen, klingt nach Diesel. Es schaut so putzig aus, als führe sie was im Schilde. Eigentlich hat sie keinen Plan, nur im Jetzt. Sie fragt auch nicht nach später oder morgen oder übermorgen, jetzt sitzt sie da, schon länger und beobachtet. Ich glaube, sie weiß nichts von sich oder doch?!
17:48
Ich weiß nicht, was die gespitzten Ohren bedeuten, so eine schöne Katze hätte ich auch gerne. Würde sie gerne streicheln, anfassen, so hübsch. Jetzt schaut sie uns herüber. Krallt sich mit den Füßen an der Lehne fest und verläßt die Bühne.
Ich kann sie nicht mehr sehen, aber sie ist trotzdem da, so intensiv ihre Präsenz. Die Bühne ist wieder freie. In der Fensterbank steht eine grüne Pflanze, sieht nach Katzengras aus. Ich höre sie, sie kratzt bei Frauchen.
17:50
Es duftet nach Wäsche, das Waschmittel kann ich nicht entschlüsseln. Frauchen spielt mit einem schwarzen Ball an einer Schnur mit grüner Feder. Katze kommt. Sie schleicht um das Sofa her, kratzt am Sofa und ich kann mir vorstellen, dass sie durchaus das Sofa zerkratzen könnte. Es liegt eine blaue Decke darauf, gestrickt, sicher hat sie da auch schon mal drauf rum gekratzt.
Ihre Pfötchen, so zart, ihr Ringelschwänzchen, ihr freundliches, offenes Gesicht. J. macht Fotos von ihr, die würde ich dann auch gerne anschauen oder ich muss auch noch welche machen. Die Katze sitzt jetzt hinter uns auf einem Stuhl, ich sehe sie nicht mehr.
Ob wir uns umdrehen s/wollen? fragt die Gastgeberin und Katzenmutter. Nein, wir bleiben so und lassen unseren Gedanken freien Lauf.
17:53
Früher hatten wir auch eine Katze, eine rote, sie hieß MUschi, alle Katzen hießen MUschi und die Hunde Cora, Dixi, alle sind überfahren worden. Das kann hier nicht passieren. Die Katze scheint safe, als könne ihr hier nichts passieren. Das beruhigt mich sehr. Ich weiß immer nicht, wie Katzen ticken, aber man kann sie nicht erziehen. Sie machen, was sie wollen. 
17:55
Wir schreiben zu viert, sitzen in einer Reihe, nur J. schreibt in ihrem Notizbuch, wir drei anderen auf dem Macbook, das Tippen ist manchmal laut und so gar nicht katzenpfötchensamtzart.
17:56
Manchmal empfinde ich den Boden unter meinen Füßen oder auch meine Füße selbst so zart, wie Katzenpfötchen. Auch wenn ich sie nicht sehe, ist sie trotzdem da. Ich darf sie nicht haben, besitzen wollen, dann ist sie sofort verschwunden. Katzen muss man lassen.
17:57
Meine Chefin, die Schulleiterin von der BS in Da erklärte mir ihren Führungsstil wie folgt (sie ist Katzenfan): Katzen brauchen ihr Personal, Hunde brauchen ihr Herrchen. Und das stimmt wohl auch, so ist es.
17:58
Ich verliere mich in Gedanken, meine Wahrnehmungen – hups, da klingelt wieder ein Handy, eine Nachricht kommt rein. Was ich sehe, denke, fühle, rieche, schmecke – was fehlt denn da noch, an Sinnen? Bei Sinnen sein? Wo ist sie jetzt? S. dreht sich nach ihr um.

17.05.2023

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