Berlin-Protokoll: Schwäne

3122414311451

Schwäne an der Brücke an der Ankerklause, mit Blick auf die Ankerklause. Eben war hier ein mega Gewusel, vor allem viele Tauben, Möwen, ja, eher Möwen und ganz viele Schwäne.
14:32
Majestätisch schwimmen sie hier durch das dunkle, dreckige Gewässer. Erhobenen Hauptes, sich selbst verteidigend, stolz. Sie lassen sich nichts gefallen; sobald man in ihre Nähe kommt, schnappen sie zu – so war es am Sarkrower See. Dieses Möwengeschrei dagegen ist mehr als unangenehm.
14:34
Die Schwäne haben Glück, dass sie nicht als Weihnachtsbraten auf den Tisch kommen. Warum eigentlich die nicht? Naja, und die Möwen auch nicht und ein, zwei laute Blesshühner, die auch nicht. Die Schwäne nehmen Notiz von uns. Sie schauen manchmal hoch. Einige strecken ihren langen Hals mit einer Kurve fast waagerecht über das Wasser.
14:35
Auf einmal lautes Geschimpfe aus der Luft, eine Frau wirft Essen zu. Die Möwen kommen bis auf die Hand der Menschen, auf der Brücke. Sie sind gierig, schamlos, haben „Wollen“. Die Schwäne mittendrin, die scheren sich einen Teufel drum. Jetzt schwimmen alle in eine Richtung. Nach rechts, schnell, schnell – alles Gefieder trifft sich an einer Stelle. Welch ein bizarres Leben, und das Geschnatter der Möwen dazwischen. Jetzt kommen auch die vier Schwäne von links dazu.
14:37
Als wollten sie mal schauen, was da so los ist. Ja, sie recken auch ihre Hälse nach Futter, und sie sind so viel größer und anmutiger als diese Möwen. Möwen sind die Ratten des Meeres, so wie Tauben als die Ratten der Lüfte bezeichnet werden. Nur Schwäne nicht. Sie sind still, sie sprechen nicht. Ab und zu bücken sie ihre Hälse. Eine schlingt ihren Hals gerade um ihr Gefieder, eine andere reckt sich, steht fast aufrecht und macht einen Flügeltanz. Warum nur, schreibe ich, dass der Schwan weiblich ist? 
14:39
Jetzt verlassen alle die Futterstelle rechts und ziehen wieder nach links, auf dem Fluss. Was ist das für ein Fluss? Landwehrkanal. Einige Schwäne, auch kleine, grau-weiße, ziehen nach links, eine große Gruppe bleibt hier. Jetzt kommt eine Mutter mit Kind, sie füttern die Möwen, und ich fürchte mich davor, dass sie auf unseren Computer scheizzen. So ein Mist. Eigentlich sind sie auch total hübsch. Jetzt – schwupp – alle wieder nach rechts, da am Brückenende. Und schon ist wieder Ruhe. Über Futter sind sie konditionierbar.
14:42
Einige kleine Tauben – äh, Möwen – lassen sich von dem kleinen Jungen mit Futter anlocken. Sie sind wirklich hübsch, bücken sich nach allem, was nach Essen aussieht. Die Schwäne recken ihre Hälse und ihre roten Schnäbel und tasten vorsichtig an der Wasseroberfläche. Einige Schwäne sind auch total schnell. Sie bringen Kraft auf, und los geht’s, schnellen Schrittes bewegen sie sich in die eine oder andere Richtung, immer der Menge nach. Ein Schwan erhebt seine Flügel, wie bei Peter Pan sieht er aus, als wolle er gleich abheben. So wunderschön, anmutig.
14:44
Noch 6 Minuten. Mehr habe ich eigentlich gar nicht zu sagen, obwohl so viel los ist. Ich stelle mir vor, die Schwäne bieten mir den Raum zwischen ihren Flügeln an, ich mache mich ganz klein und gehe mit ihnen auf Reisen – das würde mir gefallen. Jetzt sind sie fast alle weg. Sie schlagen mit der Schwanzfeder und mit ihren Flügeln. Ich würde sie gerne mal anfassen. Da oben auf der Brücke machen sich wieder Männer zum Abfüttern bereit, und die Schwärme drängen an die Brücke. Als wüssten sie, was ihnen bevorsteht. Schade eigentlich, dass die Schwäne so doof sind und sich abfüttern lassen. Die Möwen fliegen nach links, die Schwäne hinterher, manchmal gegensätzliche Bewegungen.
14:47
Ich ordne die Buchstaben „a c h e n s w“ – schwarz-weiß fällt mir dazu ein, wachen, Sachen – ja, sie wachen, irgendwie wachen sie über die Brücke, alle Möwen sind weg. Die Schwäne nehmen kaum Bezug zueinander, obwohl sie immer zusammen auftauchen.
14:48
Ich erkenne keine Paare, da ist wieder eine, die breitet ihre Flügel aus – oder besser: auf. Oben auf der Brücke trommelt einer auf einer Holztrommel, Kayon heißen die Dinger. Die Schwäne lassen sich nicht aus der Ruhe bringen. Jetzt ist ein Zustand der Ruhe, und aber sie schauen, ihre roten Schnäbel alle in eine Richtung. Die anderen von links kommen auch herbeigeeilt. Ich sehe nicht, ob Mann oder Frau, scheint aber egal zu sein. Das Getrommel scheint ihnen auch gut zu tun.
14:50
Einer sitzt auf einem Absatz, zwei versuchen abzuheben, unter der Brücke.

3.12.24

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert